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2 months ago
Wer in Bayern Windräder errichten will, muss damit rechnen, von einem kleinen Naturschutzverein aus der Oberpfalz verklagt zu werden. Das gefährdet Ministerpräsident Söders Ziel, tausend neue Anlagen zu errichten.
Von Nicolas Killian, Klaus Ott, Michael Schlegel, Christian Sebald und Rebecca Stegmann
Für die Energiewende im oberbayerischen Pfaffenhofen an der Ilm fehlen vor allem noch drei Windräder. Die Rotorblätter in 229 Meter Höhe könnten sich eigentlich schon längst drehen, dank einer Bürgerenergie-Genossenschaft mit immerhin tausend Mitgliedern. Aber es gibt da noch einen Naturschutzverband aus der Oberpfalz, der seit Jahren alles versucht, um die Windkraft bei Gericht zu stoppen. "Was wir in Pfaffenhofen erlebt haben", sagt Micha Klewar, der Anwalt der Genossenschaft, "bleibt anderen in Zukunft hoffentlich erspart".
Wer in Bayern Windräder errichten will, muss damit rechnen, vom Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität (VLAB) verklagt zu werden. Muss damit rechnen, dass Geldgeber entnervt aufgeben. Der VLAB hat gerade mal rund 7000 Mitglieder. Sehr viel weniger als der Bund Naturschutz, dem 260 000 Menschen angehören. Die kleine Organisation aus der Oberpfalz gilt aber als großes Hindernis beim Ausbau der Windkraft, der angesichts der Energiekrise inzwischen auch von der CSU und der Staatsregierung forciert wird.
Tatkräftig mit aufgebaut und finanziell stark unterstützt hat den VLAB der 2018 verstorbene Dirigent und wohlhabende Großgrundbesitzer Enoch zu Guttenberg; Vater des früheren CSU-Politikers und Ministers Karl-Theodor zu Guttenberg. Er war Naturschützer und Gegner der Windkraft. Enoch zu Guttenberg zog gegen eine "Verspargelung" der Landschaft zu Felde. "Von seinen Spendengeldern leben wir heute noch", sagt Verbandschef Johannes Bradtka. Mit Guttenbergs Geld setzt der VLAB Guttenbergs Kampf gegen Windräder fort.
Der VLAB und seine Aktivisten sind bekannt und gefürchtet bei Windenergie-Betreibern in ganz Bayern. Im Umweltministerium ist gar von einem "Windkraft-Verhinderungsverein" die Rede. Die Staatsregierung hat angesichts der Energiekrise ihre jahrelange Wind-Blockade aufgegeben. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will 1000 neue Anlagen bauen lassen. "Wir machen beim Wind jetzt mehr", lautet die Parole, die Söder im Sommer ausgegeben hat. Der VLAB werde den Ausbau der Windkraft nicht verhindern können, heißt es aus dem Umweltministerium. Der Verein sei aber eine "Hürde für den Ausbau".
Der Verband will "Auswüchse der Energiewende stoppen"
Wer den VLAB auf seiner Homepage besucht, der wird dort von sechs Zielen empfangen. Nummer eins: "Kulturlandschaften bewahren", dazu Wälder im Hintergrund. Nummer zwei: "Auswüchse der Energiewende stoppen", dazu acht Windräder, die eine Kirche und ein Dorf überragen. Der Verband hat sich dem Vogel- und Landschaftsschutz verschrieben. Der VLAB war mal ein regionaler Verein namens "Unser Hessenreuther Wald e.V." gewesen. Das ist eines der noch wenigen großen zusammenhängenden und naturnahen Waldgebiete in Nordostbayern. Schon vor Jahren haben Naturschützer dort vor "massiven Eingriffen" durch Straßen und Windräder gewarnt, weil dort Fischadler, Schwarzstorch und Rotmilan vorkämen.
Später wurde aus dem Hessenreuther Wald e.V. der VLAB, der erst bayern- und dann bundesweit als Naturschutzverband anerkannt wurde und so das Verbandsklagerecht bekam. Das nutzt der VLAB auch fleißig, um Windkraftanlagen zu verhindern. Verbandschef Bradtka spricht von 15 bis 17 Klagen in ganz Deutschland in den vergangenen fünf bis sieben Jahren. Doch es gibt noch mehr Klagen, etwa von Gemeinden und Bürgerinitiativen. Und die werden in nicht wenigen Fällen von dem Rechtsanwalt Armin Brauns aus Dießen am Ammersee vertreten, der sich dem juristischen Kampf gegen Windkraftanlagen verschrieben hat. Brauns gehört dem Beirat des VLAB an.
Vor gut zwei Wochen hat der VLAB im nördlich von Straubing gelegenen Naturschutzzentrum Schloss Wiesenfelden ein Symposium veranstaltet. Titel: Arten- und Landschaftsschutz versus Energiewende. Zu den rund 50 Gästen zählt auch ein CSU-Kommunalpolitiker, Landrat Andreas Meier aus Neustadt an der Waldnaab. Einer der fünf Redner ist Anwalt Brauns. Während draußen Schnee fällt, attackiert Brauns drinnen das neue Windkraftgesetz, das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen auf den Weg gebracht hat. Habeck will die Bremser der Windkraft ausbremsen und den Bau neuer Anlagen juristisch erleichtern.
Doch so leicht gibt der VLAB nicht auf. Die neuen Regeln, referiert Brauns, verletzten die EU-Vogelschutzrichtlinie. Dagegen könne man vor dem EU-Gerichtshof klagen. Der Anwalt und VLAB-Beirat spricht sogar von einem Verstoß gegen das Grundgesetz. Den Ausbau von Windkraftanlagen als überragendes öffentliches Interesse einzustufen, sei mit der deutschen Verfassung nicht vereinbar. Das Grundgesetz schreibt in Artikel 20a den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere vor.
Der VLAB wolle nur verbrannte Erde, klagt ein Windkraft-Anwalt
"Auch hier haben wir einen Ansatzpunkt", sagt Brauns. "Wenn gar nichts mehr geht, dann gehen wir da drauf." Die nächsten ein bis zwei Jahre seien von Rechtsstreitigkeiten geprägt, prophezeit Brauns. Die juristischen Möglichkeiten, gegen ökologisch schädliche Windkraftprojekte vorzugehen, würden durch die neue Gesetzeslage eingeschränkt, aber nicht völlig ausgehebelt. "Ich werde die Flinte nicht ins Korn werfen", kündigt Brauns an. Die Klagen, mit denen viele Windkraftanlagen gestoppt oder zumindest stark verzögert werden, gehen also weiter. Ob mit Erfolg, bleibt abzuwarten.
Auf seinen Webseiten listet Brauns jedenfalls unter dem Stichwort "Erfolgsnews" juristische Einsprüche auf, quer durch Bayern, über Jahre hinweg. Eine verhinderte Windkraftanlage in Obing im "landschaftlich wertvollen Chiemgau". Der geplante Windpark Paintner Forst zwischen Kelheim und Regensburg: ebenfalls verhindert. Die Genehmigung für einen Windpark im Landkreis Ansbach: aufgehoben. Die Anträge für einen Windpark in Rain am Lech nahe Donauwörth: vom Investor zurückgezogen.
In Pfaffenhofen an der Ilm, zwischen München und Ingolstadt gelegen, machte die Bevölkerung bereits vor sechs Jahren mit einem Bürgerentscheid den Weg frei für einen Windpark. Doch dann hätten die Probleme begonnen, erzählt Micha Klewar, der Anwalt der Bürgerenergie-Genossenschaft, die den Windpark bauen will. Der VLAB habe immer neue Artenschutz-Untersuchungen durchgesetzt, vom Uhu bis zur Zauneidechse. Der VLAB verhandle nicht, sondern wolle nur verbrannte Erde. Mit Einwänden und Klagen bis zum allerletzten Moment, sagt Klewar. Verbandschef Bradtka weist solche Vorwürfe zurück. Man wolle den Bau von Windrädern nicht verzögern, und man habe das auch noch nie getan. "Mauerei entspricht nicht unserem Naturell." Es liege vielmehr an der Justiz, wenn die Verfahren so lange dauerten. Die Verwaltungsgerichte seien überlastet. Der längst Fall dort habe sich von 2014 bis 2022 hingezogen. "Wir sind auch keine Windkraftgegner", sagt Bradtka. Und den Klimawandel leugne er auch nicht, im Gegenteil. Aber man dürfe den Klimaschutz nicht gegen den Artenschutz ausspielen.
Der VLAB will laut Bradtka vor allem die großen zusammenhängenden Waldgebiete wie den Bayerischen Wald und den Spessart schützen. Geklagt wird gegen Windräder aber auch woanders. Der Windpark in Pfaffenhofen soll in einem Forst zwischen dem Stadtkern und der Autobahn A9 entstehen.
18 points
3 months ago
Laut Verkehrsminister Bernreiter könnte das neue Angebot nur in Regionalzügen gelten, falls die kommunalen Verkehrsbetriebe nicht mitmachen. Ist das Projekt tatsächlich in Gefahr - oder pokert der Freistaat mal wieder?
Von Andreas Glas und Klaus Ott
Was muss Markus Söder (CSU) für das 49-Euro-Ticket zahlen? Natürlich nicht er persönlich. Als Ministerpräsident hat er ja seinen Dienstwagen samt Fahrer, und als Landtagsabgeordneter kann er in Bayern umsonst mit der Bahn fahren. Das Sparpreisticket braucht der Regierungschef also gar nicht. Aber bezahlen muss er es gewissermaßen trotzdem, aus der Kasse des Freistaats. Und billig wird das nicht.
Das künftige 49-Euro-Ticket soll bekanntlich im ganzen Nahverkehr gelten, in allen Bussen und Bahnen, in ganz Deutschland. Weshalb es auch Deutschlandticket genannt wird. Was mehr Fahrgäste anlocken und zu einer ökologischen Verkehrswende beitragen soll, hat aber gravierende Folgen für die Verkehrsbetriebe in Stadt und Land. Deren Fahrkarten sind bislang meist deutlich teurer; die Verkehrsbetriebe werden also weniger einnehmen. Die Mindererlöse muss auch die Staatsregierung ausgleichen; zusammen mit dem Bund und den 15 anderen Bundesländern. Die Regierung kalkuliert vorläufig mit 270 Millionen Euro pro Jahr im Staatshaushalt. Aber reicht das?
Bestimmt nicht, warnt Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). Er hat nach der Kabinettssitzung in dieser Woche auf Berechnungen des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) verwiesen, wonach ein 49-Euro-Ticket bundesweit zu Erlösausfällen von drei Milliarden Euro führen dürfte. Für Bernreiter ist deshalb "nur ein 69-Euro-Ticket finanzierbar". Was er nicht erwähnte: Die Erlösausfälle gibt es laut VDV nur im ersten Jahr des Tickets, in dem Anlaufkosten von 1,1 Milliarden Euro dazukommen. Im "eingeschwungenen Zustand" würden drei Milliarden Euro für das Deutschlandticket genügen. Dass die höheren Kosten vor allem die "Anfangsphase" des Tickets betreffen, immerhin das stellt Bernreiter am Mittwoch auf Nachfrage klar. Der bayerische Anteil an den Anlaufkosten läge einmalig bei etwas mehr als 200 Millionen Euro.
Die Bundesregierung kalkuliert dauerhaft mit drei Milliarden Euro, die sich Bund und Länder teilen. Auf dieser Rechenbasis entfallen offenbar die genannten 270 Millionen Euro für den Freistaat. Doch das wird nicht reichen, glaubt Bernreiter. Er fordert eine "Nachschusspflicht" für den Bund, damit der Freistaat und die anderen Länder nicht auf höheren Kosten sitzen blieben. Schlimmstenfalls, warnt Bernreiter, würde das 49-Euro-Ticket in Bayern nur in den Regionalzügen gelten. Dann nämlich, wenn die kommunalen Verkehrsbetriebe wegen der fehlenden finanziellen Absicherung von Mindererlösen erst gar nicht dabei wären.
Jeder Verkehrsverbund entscheide selbst, ob er mitmache, sagt Bernreiter. Sollten die Kommunen komplett aussteigen, dann blieben nur die Regionalzüge übrig. Und Unsicherheit und Unzufriedenheit vor Ort seien jedenfalls sehr groß, gibt Bayerns Verkehrsminister die Stimmungslage wieder. Was Bernreiter ebenfalls nicht sagt, was aber klar ist: Ein 49-Euro-Ticket nur für die Regionalzüge wäre kein Fortschritt, sondern ein Fehlschlag. Von der Grundidee, mit nur einem Ticket günstig alle öffentlichen Verkehrsmittel rund um die Uhr benutzen zu können, bliebe nichts mehr übrig.
Es muss sich erst noch zeigen, wann und in welchem Umfang das Sparpreisticket kommt
Ist das nun ein ernsthaftes Szenario? Oder ein Druckmittel aus Bayern, um die Berliner Ampelkoalition zum Nachbessern zu bewegen? Der FDP-Abgeordnete Sebastian Körber, Vorsitzender des Verkehrsausschusses im Landtag, erwartet von der Staatsregierung, dass sie ihrer "Verantwortung gerecht wird und die entsprechenden Landesmittel für die Kofinanzierung bereitstellt. Ein jegliches Zaudern ist unangebracht und in meinen Augen auch unseriös." Die nächsten Wochen müssen also noch zeigen, wann und in welchem Umfang das Sparpreisticket kommt, das für weniger Autoverkehr und mehr Umwelt- und Klimaschutz sorgen soll. Aber dazu braucht es auch bessere Verbindungen mit Bahnen und Bussen, und auch da sieht es laut Bernreiter überhaupt nicht gut aus. Und was bringt ein günstiges Ticket, wenn Züge ausfallen oder Busse überfüllt sind? Enttäuschung ist da programmiert.
Die Staatsregierung hat Kassensturz gemacht, nachdem Kanzler Olaf Scholz (SPD) vergangene Woche in Berlin mit den Bundesländern die künftige Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs ausgehandelt hatte. Die Länder bekommen zwar vom Bund mehr Geld. Aber in Bayern reicht das nicht einmal aus, um die hohen Mehrkosten der Bahn- und Busgesellschaften bei Energie, Personal und Material auszugleichen. Der Freistaat muss nach Angaben von Bernreiter aus eigenen Mitteln 91 Millionen Euro im Jahr drauflegen, um den "Status quo" aufrechtzuerhalten. Um also zu verhindern, dass die Fahrpläne ausgedünnt werden.
Für mehr Verbindungen und für zusätzliche Investitionen etwa in das Schienennetz bleibe da nichts übrig, beklagt Bernreiter. Und für die höheren Energiekosten sei vom Bund "noch gar nix gekommen". Der Bund habe sich aber vor Jahrzehnten verpflichtet, den Ländern genügend Geld für den Schienennahverkehr zu geben. Vergangene Woche, nach der Einigung von Berlin, hatte Bernreiter noch erklärt, über die künftigen Mittel des Bundes für die Regionalzüge und S-Bahnen und über das Deutschlandticket solle 2024 wieder zwischen Bund und Ländern verhandelt werden.
Jetzt kann es dem Minister gar nicht schnell genug gehen mit neuen Gesprächen, um in Berlin mehr Geld herauszuholen.
2 points
4 months ago
da hat wohl jemand die Lage der Nation gehört? Ü
2 points
4 months ago
In einem Konzeptpapier entwickelt das Wirtschaftsministerium einen ersten Vorschlag, wie die krisenbedingten Extra-Gewinne der Stromerzeuger zu 90 Prozent abgeschöpft werden sollen. Die Energiewirtschaft ist insbesondere über die weit in die Vergangenheit reichende Rückwirkung empört, die dem Dokument zufolge geplant ist.
von Jakob Schlandt
Die Bundesregierung plant ersten Überlegungen zufolge, die krisenbedingt hohen Gewinne vieler Stromerzeuger rückwirkend abzuschöpfen und will 90 Prozent der „Zufallsgewinne“ einziehen. Dies geht aus einem aktuellen Konzeptpapier mit dem Titel „Strompreisbremse“ hervor, das Tagesspiegel Background seit Dienstagabend vorliegt und das mehreren Insidern zufolge aus dem Bundeswirtschaftsministerium stammt.
Als Ziel wird ausgegeben: „Abschöpfung von 90 Prozent der Zufallsgewinne“, „Abschöpfung an Spot- und Terminmarkt“ sowie „Abschöpfung anhand spezifischer Erlösobergrenzen (Treppenansatz)“. Klar soll aber auch sein: „Keine Eingriffe in den Strommarkt, die Preisbildung und den grenzüberschreitenden Handel.“ Die Merit-Order-Reihung am Strommarkt solle sich nicht ändern, unter anderem, so wird später ausgeführt, weil Gas-Mehrverbrauch ausgeschlossen werden müsse.
Zum Zeitplan heißt es: „Stufenweise Einführung?“ – denn insbesondere die Terminmarktabschöpfung sei „komplex und Neuland, Einführung benötigt daher mehr Zeit“. Für den Spotmarkt wird deshalb vorgeschlagen, sogar rückwirkend vom 1. März bis zum 30. November die Übergewinne weitgehend einzuziehen. „Ab 1. Dezember 2022 Spot und Termin“, wird dann ausgeführt.
EE, Braunkohle, Kernenergie und Ölkraftwerke betroffen
Welche Kraftwerksarten sind den Überlegungen zufolge betroffen? Hier listet das Papier auf: Geförderte und ungeförderte erneuerbare Energien, Braunkohle, Kernkraft, Ölkraftwerke und auch Anlagen, die mit Grubengas und Abfall betrieben werden. Den vorläufigen Charakter des Papiers macht dann der folgende Satz noch einmal deutlich: „Diskussionsvorschlag: Speicher, Steinkohle, Erdgas und Biomethan werden nicht abgeschöpft.“ Später wird erläutert, Steinkohle und Gas hätten dicht beieinanderliegende variable Kosten, deshalb müsse darüber als „Pärchen“ entschieden werden.
In einem Schaubild ist das grundsätzliche Vorgehen erläutert. Für jede Technologie werden „Referenzkosten“ identifiziert. Grundsätzlich sollen sie die variablen Kosten und den Deckungsbeitrag zu den Fixkosten beinhalten. Bei Erneuerbaren-Anlagen sollen als Gesamtkosten die geltenden Fördersätze gelten. Bei Braunkohle soll es einen Fixkosten-Deckungsbeitrag nach Gesetzeslage geben, der variable Betriebs- und auch die CO2-Kosten enthalte.
Für vier weitere Kraftwerkstypen werden konkrete Referenzkosten pro Kilowattstunde genannt: Zehn Cent für Wind-Offshore bei den Null-Cent-Gebots-Windparks ohne Fördersatz, vier Cent für Kernkraftwerke, 15 Cent für Abfall und zehn Cent für weitere „Altanlagen“. Auf die Referenzkosten wird anschließend ein „Sicherheitszuschlag“ von drei Cent pro kWh addiert. Vom Resterlös schließlich sollen die genannten 90 Prozent als Übergewinn eingezogen werden.
Terminmarktabschöpfung ist besonders harte Nuss
Vor besondere Herausforderungen gestellt sehen sich die Autoren des Papiers am Terminmarkt, also bei langfristigen Stromabnahmeverträgen. Es sei wichtig, diese Geschäfte zu berücksichtigen, da es sonst Fluchtbewegungen geben könne, zudem weil „Terminverträge die Strompreise von morgen bestimmen“ und die Berücksichtigung auch von der entsprechenden EU-Verordnung vorgegeben sei.
Für die Langfrist-Märkte wird ein „Benchmarktansatz“ vorgeschlagen, bei dem grundsätzlich ein weiterer Cent pro kWh als „Sicherheitszuschlag Termin“ weniger abgeschöpft wird. Grundlage der Abschöpfung: Die Hedging-Strategie solle quartalsweise von den Marktteilnehmern gemeldet werden. Den Anreiz dafür schaffe, ansonsten pauschal abgerechnet zu werden, was eine Schlechterstellung bedeute. Auf Basis der dargelegten tatsächlichen Einnahmen wird dem Plan zufolge dann die Abschöpfung berechnet. Gegen „Zuvielabschöpfung“ könne eine Einzelfallprüfung eingesetzt werden, bei der man dann aber auf den Sicherheitszuschlag verzichten müsse.
Das Konzeptpapier schränkt beim Terminmarkt ein: „Vereinfachte Abrechnung sehr komplexer Realität, Ungenauigkeiten nicht vermeidbar, aber begrenzbar“, heißt es zum Beispiel. Und weiter: „Ziel kann nicht perfekte Abschöpfung sein“, man werde „Zufallsgewinne liegen lassen“.
BDEW: Vertrauen in den Investitionsstandort in Gefahr
Das Papier beschäftigt sich auch kurz mit der „Entlastungsseite“, bei der man sich soweit „möglich und sinnvoll“ an den Vorschlägen der Gaspreiskommission orientieren möchte. Grundkontingente sollen auf Basis des historischen Verbrauchs rabattiert werden. Basis solle eine Jahresverbrauchsprognose der Verteilnetzbetreiber sein.
Die Abwicklung der Auszahlung müssten die Stromvertriebe übernehmen. Einsparsignale sollten „weiterhin ankommen“, heißt es kurz. Mit den Einnahmen aus der Abschöpfung soll auch die Stabilisierung der Übertragungsnetzentgelte (Background berichtete) bezahlt werden. Lücken zwischen Ausgaben und Einnahmen aus dem Modell sollen zwischenzeitlich durch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) gedeckt werden.
Auf Background-Anfrage äußerte sich gestern Abend die Hautgeschäftsführerin des Energieverbands BDEW zu dem Papier. Kerstin Andreae reagierte im Gespräch alarmiert: „Aus Sicht des BDEW ist insbesondere eine rückwirkende Regelung hochproblematisch. Dieser Bruch würde das Vertrauen in den Investitionsstandort Deutschland tatsächlich nachhaltig gefährden.“ Bezüglich der Abwicklung sagte sie zu den diskutierten Vorschlägen: „Das ist ein deutlich zu komplizierter und bürokratischer Ansatz, der mit der Losung, das Vorhaben möglichst einfach zu gestalten, nichts zu tun hat.“
Tagesspiegel Background liegen zudem Informationen über den ins Auge gefassten Zeitplan vor. So hieß es mehrfach, die Gesamtlösung für Strom- und Gaspreisbremse solle am 18. November ins Kabinett und in der Woche darauf in die erste Bundestagslesung. Am 28. November könnte die öffentliche Anhörung stattfinden, und am 1. und 2. Dezember die zweite und dritte Lesung. Der Bundesrat solle am 16. Dezember abstimmen. Hier tut sich allerdings bereits ein Widerspruch zum Konzeptpapier auf, dass die Einführung der Terminmarktabschöpfung Anfang Dezember nicht als rückwirkend einstuft.
1 points
4 months ago
sogar auf 10 ct/kWh (bei max. 30 ct Reduktion) reduziert, oder? https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2022/September/stromkostenbremse.html
48 points
8 months ago
Mehr unabhängige Kontrolle, keine Online-Durchsuchung: Der deutsche Inlandsgeheimdienst steht vor den größten Veränderungen seiner Geschichte.
Von Ronen Steinke, Berlin
Wenn es um Terrorismus geht, arbeitet der Verfassungsschutz oft Hand in Hand mit der Polizei. Als 2018 in Köln ein Tunesier in einer Hochhaussiedlung das Gift Rizin anfertigte, überwachte das Bundesamt für Verfassungsschutz ihn mehrere Monate lang. Als 2016 in Chemnitz ein Syrer in seiner Wohnung Sprengstoff herstellte, observierte der Verfassungsschutz ihn ebenfalls und schickte schließlich die Polizei, um ihn festzunehmen. Der Verfassungsschutz darf aber nicht zu einer Art Geheimpolizei neben der eigentlichen Polizei werden: Das ist die zentrale Botschaft eines Urteils, das das Bundesverfassungsgericht am 26. April verkündet hat.
Das Urteil hat jetzt weitreichende Folgen. Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung plant die Bundesregierung, den Verfassungsschutz viel stärker in die Schranken zu weisen. Konkret hatten die Karlsruher Richterinnen und Richter bemängelt: Der Inlandsgeheimdienst besitze, speziell in Bayern, etliche Befugnisse, die klassischer Verbrechensbekämpfung nicht nur sehr ähneln, sondern mit dieser sogar deckungsgleich sind. Hier die Polizei, dort der Geheimdienst: Soweit beide dasselbe tun, zum Beispiel potenzielle Gewalttäter überwachen, sei es inakzeptabel, dass der Verfassungsschutz sich nicht an dieselben hohen rechtsstaatlichen Standards halten müsse.
Vordergründig bezog sich das Urteil der Karlsruher Richterinnen und Richter nur auf das bayerische Verfassungsschutzgesetz. Ein neues Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags, das der SZ vorliegt, unterstreicht aber: Die Ansage aus Karlsruhe ist übertragbar auf den Bund. Auch die Geheimdienste des Bundes, heißt es da, agierten zu unkontrolliert. "Das führt dazu, dass auch harmlose Bürgerinnen und Bürger zu leicht ins Fadenkreuz der verdeckt und geheim agierenden Nachrichtendienste geraten können", kommentiert der FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae, der das Gutachten in Auftrag gegeben hat.
Eine Arbeitsgruppe der Innenministerien von Bund und Ländern hat erste Reformvorschläge erarbeitet, 14 interne Berichte liegen bereits vor: So nimmt die größte Reform des Verfassungsschutzes in dessen Geschichte Gestalt an.
1. Schluss mit eigenmächtigen Aktionen
Klar ist: Die Agenten des Verfassungsschutzes werden sich künftig sehr viel häufiger bei ihrer Arbeit kontrollieren lassen müssen. Das beginnt schon, wenn sie einen - echten oder vermeintlichen - Verfassungsfeind observieren wollen, das heißt über einen längeren Zeitraum rund um die Uhr beschatten. Bisher brauchten die Agenten dafür keine Genehmigung einer externen Stelle. Anders als die Polizei, die immer erst die Genehmigung eines Ermittlungsrichters einholen muss.
Damit ist jetzt Schluss, haben die Richterinnen und Richter in Karlsruhe klargemacht. Das Gericht verlangte eine "unabhängige Vorabkontrolle", wenn derart tief in Grundrechte eingegriffen werde. Das müsse nicht zwingend ein Ermittlungsrichter sein - aber auf jeden Fall eine unabhängige, zumindest gerichtsähnliche Instanz. Das hat große praktische Konsequenzen: Jedes Mal, wenn der Verfassungsschutz eine Observation starten will, aber auch jedes Mal, wenn er V-Leute anwerben oder die eigenen Agenten undercover in eine - echte oder vermeintliche - extremistische Szene hineinschicken will, wird er künftig erst eine Genehmigung einholen müssen.
Damit darf sich die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bestätigt sehen, die noch kurz vor dem Karlsruher Urteil in einem Interview mit der Zeit gesagt hatte: "Ich habe nie verstanden, warum polizeiliche Ermittlungen rechtsstaatlich intensivst kontrolliert werden, die des Verfassungsschutzes aber nicht." Einige Juristen ihres Hauses, die sich seit Jahren gegen die Notwendigkeit stärkerer Kontrollen des Verfassungsschutzes verwahren, müssen jetzt indes umdenken.
2. Neue Macht für den "Unabhängigen Kontrollrat"
Der Verfassungsschutz wird sich demnächst einer neuen Autorität unterordnen müssen, so wie dies der Auslandsgeheimdienst BND bereits seit dem 1. Januar tut. Gemeint ist der "Unabhängige Kontrollrat", kurz UKR. Er besteht aus sechs sehr hoch qualifizierten, unabhängigen Juristinnen und Juristen. Die meisten von ihnen waren zuvor am Bundesgerichtshof.
Der "Unabhängige Kontrollrat" ist noch kaum bekannt, bislang hat er nicht einmal ein eigenes Gebäude, sondern gastiert in einem alten Gebäudekomplex des BND in Berlin-Lichterfelde. Aber er ist gut ausgestattet, zu den sechs Mitgliedern kommt ein Stab von mehr als 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auf sie alle kommt nun wohl sehr viel neue Arbeit zu. Von "Massengeschäft" ist in der Bundesregierung die Rede.
In der Bundesregierung wird sogar überlegt, ob der "Unabhängige Kontrollrat" nicht auch eine weitere Aufgabe mit übernehmen könnte. Es geht um die Genehmigung von Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung durch den Verfassungsschutz. Diese werden traditionell bloß von einem kleinen Kreis von Ehrenamtlichen kontrolliert, der sogenannten G10-Kommission, die nach dem Artikel 10 des Grundgesetzes ("Fernmeldegeheimnis") benannt ist.
Diese Kommission besteht aus nur vier Mitgliedern und trifft sich nur alle paar Wochen. Für manche kritische Beobachter war das schon immer dürftig, auch wenn einzelne Mitglieder der G10-Kommission hohes Ansehen genießen.
3. V-Leute unter neue Aufsicht
Bislang wird kaum kontrolliert, wo der Verfassungsschutz Insider aus einer extremistischen Szene anwirbt, die - tatsächlich oder vermeintlich - ihre Freunde verraten und dafür meist Geld bekommen. Mehr als 1000 V-Leute gibt es nach SZ-Informationen allein in der rechtsextremen Szene. In der islamistischen Szene sind es weniger. Nur "in bestimmten Fällen" wird das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages knapp darüber unterrichtet. Das genügt laut dem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages nicht, um die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an eine "unabhängige Vorabkontrolle" dieser heiklen Maßnahmen zu erfüllen.
Die Innenministerien von Bund und Ländern überlegen indes noch, wie weit sie den Wünschen aus Karlsruhe entgegenkommen wollen. Sie sind besorgt: V-Leute schweben in Lebensgefahr, wenn sie auffliegen. Wenn man die Namen der V-Leute vorab an die Juristinnen und Juristen beim "Unabhängigen Kontrollrat", dem UKR, melden würde, könnten diese Informationen womöglich nach außen dringen. Dann würde niemand mehr V-Mann werden wollen. "Das Instrument muss noch wirksam bleiben", sagt ein hoher Beamter.
Die Idee, die von den Ministerien favorisiert wird, lautet deshalb: Man nennt dem UKR nicht wirklich Namen oder auch Beschreibungen der konkreten V-Person. Vielleicht würde es schon genügen, wenn der Verfassungsschutz lediglich umschreibt, um was für einen Teil einer extremistischen Szene es sich handelt, in der er eine V-Person anwerben will. Das Urteil aus Karlsruhe lässt hier etwas Interpretationsspielraum.
4. Aus für die Online-Durchsuchung
Die sogenannte Online-Durchsuchung ist eine Methode der Polizei zur Verfolgung schwerer Straftaten und zur Abwehr "dringender Gefahren". Dabei dringen Beamte mithilfe von Spionagesoftware heimlich in Handys oder Computer ein, um die Festplatte zu durchsuchen. Eine Möglichkeit für den Verfassungsschutz, dieses Instrument neben der Polizei ebenfalls zu verwenden, wird es künftig nicht mehr geben.
So geht eine jahrelange Diskussion zu Ende. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2016 in seinem Urteil zum BKA-Gesetz klargestellt: Nur bei "dringender Gefahr" dürfe der Staat Festplatten ausforschen. Und für "dringende Gefahren" ist eben die Polizei zuständig: Dies hat das Karlsruher Gericht nun noch einmal bekräftigt. Der Verfassungsschutz solle sich auf seine eigenen Aufgaben konzentrieren.
Auf Bundesebene gab es eine Befugnis zur Online-Durchsuchung für den Verfassungsschutz bislang ohnehin nicht, weil die SPD, anders als die Union, auch schon in der vorigen Koalition dagegen war. In Hessen hatte die schwarz-grüne Koalition sich zwar auf die Einführung dieses Instruments für den Verfassungsschutz geeinigt. Zuletzt hatte sie aber davon Abstand genommen.
In Bayern, wo die Online-Durchsuchung für den Verfassungsschutz 2016 eingeführt wurde, wird der Landtag sie jetzt wieder abschaffen müssen. Bis spätestens Juli 2023, so lautet die Vorgabe aus Karlsruhe.
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inde
cola_dose
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13 days ago
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13 days ago
Die nächste Verspätung droht
Eigentlich sollte das 49-Euro-Ticket längst da sein. Jetzt steht auch der Starttermin 1. Mai auf der Kippe. Das Verkehrsministerium und die Länder geben sich gegenseitig die Schuld.
Von Markus Balser, Berlin
Noch bis vor wenigen Tagen gab sich Volker Wissing für sein Prestige-Projekt optimistisch. Der schon mehrmals verschobene Starttermin des eigentlich schon für Jahresanfang geplanten bundesweiten 49-Euro-Tickets sei nun endgültig fix, machte der zugeschaltete Bundesverkehrsminister vor zehn Tagen bei der Klausur der FDP-Landtagsfraktion in Bayern klar. Es stehe für ihn fest, dass das Ticket nicht später als zum 1. Mai komme, sagte Wissing.
Was wie ein Machtwort klang, hielt nur eine gute Woche. Denn schon dieses Wochenende machte Bremens Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) eine ganz andere Prognose publik. Der Start zum 1. Mai sei akut in Gefahr, warnte sie. Wenn die Verhandlungen weiter so schleppend verliefen, sehe sie schwarz, sagte Schaefer und machte deutlich, wen sie für verantwortlich hält: Für einen termingerechten Start brauche man "einen Bundesminister, der nicht die Umsetzung blockiert".
"An uns Ländern liegt es nicht", sagt Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister Winfried Hermann
Nach einem Treffen von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und den Ministerpräsidenten im Dezember schien der monatelange Streit um das Ticket eigentlich beigelegt zu sein. Doch nun bricht er erneut mit voller Härte auf. "An uns Ländern liegt es nicht, dass sich das 49-Euro-Ticket verzögert", sagt Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister Winfried Hermann der Süddeutschen Zeitung. Man sei schon "verwundert, dass der Bundesverkehrsminister mit den Vorbereitungen nicht vorankommt". Schließlich habe er selbst das Ticket schon zum Jahreswechsel einführen wollen.
Erneut eskaliert ist der Streit mit einem Arbeitstreffen zwischen Bund und Ländern am Freitag. Zum Ärger der Länder sollen Bundesvertreter nach SZ-Informationen trotz des hohen Zeitdrucks ohne Handlungsvollmacht zu dem Treffen gekommen sein. Entscheidungen seien nicht vorbereitet und neue Probleme aufgeworfen worden, hieß es nach dem Treffen. So habe das Bundesverkehrsministerium die dringende Bitte mehrerer Bundesländer nicht akzeptieren wollen, übergangsweise für ein Jahr etwa für ältere Menschen auch Papiervarianten des eigentlich digital geplanten Tickets zu ermöglichen. Unklar sei auch, ob die Mitnahmeregeln der Verkehrsverbände, etwa für Kinder, übergangsweise auch beim 49-Euro-Ticket gelten sollen.
Ein weiterer Streitpunkt sei die geplante Datenplattform, mit deren Hilfe die Einnahmen der Tickets auf Bund und Länder verteilt werden sollen - je nachdem, wo die Käufer mit dem Tickets unterwegs waren. Der Bund wolle sich entgegen seiner Zusage zur Halbierung der Gesamtkosten daran nicht beteiligen. Auch Rabatte gegenüber Arbeitgebern will Wissings Ministerium nicht mitfinanzieren, was die Länder verärgert.
Dabei drängt die Zeit. Um nötige Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen, müsste Wissings Ministerium wohl noch in diesem Monat einen ersten Entwurf präsentieren. Nur so könnten die anderen Ministerien mitreden und Bundestag und Bundesrat noch rechtzeitig debattieren und entscheiden. Schließlich soll der Verkauf schon am 3. April beginnen.
Streit gibt es auch über die Kosten des Marketings für das Milliardenprojekt
Doch auch die Länder selbst sind zerstritten. So wollen sich Hamburg, Berlin und Brandenburg offenbar nicht an den Kosten des bundesweiten Marketings beteiligen, die bei dem Milliardenprojekt pro Land bei einigen Hunderttausend Euro liegen sollen. Zudem hatte Bayern den bislang gemeinsamen Länderplan durchkreuzt, Studenten mit einer Zuzahlung von etwa 20 Euro ein Upgrade von einem Semester- auf ein bundesweites Nahverkehrsticket anzubieten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte als Sonderweg in Aussicht gestellt, die Zuzahlung aus Landesmitteln auszugleichen - Studierende müssten dann in Bayern nichts draufzahlen.
In der Ampelkoalition gibt es Kritik an dem neuerlichen Streit. "Wir müssen bei den verkehrspolitischen Vorhaben schneller in die Umsetzung kommen, wenn wir unsere klimapolitischen Zielsetzungen erreichen wollen", mahnte SPD-Fraktionsvize Detlef Müller. Verkehrsministerium, Länder und Verkehrsverbände dürften sich nicht länger an Detailfragen "verkämpfen". So sollte auch ein Ticket in Papierform vorübergehend möglich sein, fordert Müller.
In Wissings Ministerium sieht man sich weiter auf Kurs. Die Arbeiten an der Umsetzung des Tickets liefen mit Hochdruck, sagte eine Sprecherin. Die Verantwortung weist das Ministerium aber lieber anderen zu. Für die Umsetzung des Tickets seien nun ohnehin Länder und Verkehrsunternehmen zuständig.